Selbsterkenntnis: schwierig - aber wichtig!

12.10.2024 - Irène Wüest

In der Selbsterkenntnis liegen wir oft daneben. Das liegt nicht an mangelnder Selbstaufmerksamkeit, auch nicht an Ignoranz oder Arroganz. Viele Führungspersonen reflektieren ihr Handeln und ihr Verhalten. Darin sind sie routiniert, denn es gehört zum Job dazu.  
Doch leider ist unsere Fähigkeit zur Selbsterkenntnis – also im Beantworten der Fragen: Wer bin ich? Wie bin ich bzw. wirke ich? Und was will ich? begrenzt.

3 Fehlerquellen:

  1. Das Selbstkonzept ist ein Sammelsurium von Selbsterinnerungen; Selbsterkenntnis im Grunde genommen eine Form des Erinnerns. Zum Beispiel: «Ich kritisiere viel, also bin ich ein kritischer Geist. Oder meine Projekte sind immer erfolgreich, also bin ich ein guter Projektmanager». Und genau hier liegt der Hund begraben. Die Selbsterinnerungen, die wir zur Konstruktion unseres Selbstbildes nutzen, sind auf der ganzen Linie verzerrt. Verantwortlich dafür ist eines unserer fünf Grundbedürfnisse, nämlich der Wunsch nach Selbstwerterhöhung. Dies färbt die Erinnerungen an unser Handeln, Verhalten und unsere Leistungen immer etwas rosa ein
  2. Auch ein zweites Grundbedürfnis wirkt wahrnehmungsverzerrend – nämlich das nach Konsistenz. Wir neigen dazu, unsere Selbstbeobachtungen so zu speichern, dass sie zu den bisherigen Erfahrungen passen. Wir sehen uns so, wie wir gelernt haben, uns zu sehen. Das heisst, wir knüpfen stets an Vorerfahrungen an und merken gar nicht, dass wir uns verändern. Nicht nur Verhaltenstendenzen und Präferenzen können sich wandeln, Stärken und Schwächen verschieben, sondern es können sich bis zu einem gewissen Grad auch neue Persönlichkeitseigenschaften herausbilden. Doch - zugespitzt gesagt: Man wird zu einem anderen, und bekommt es gar nicht mit.
  3. Wir beobachten nicht nur uns selbst, um zu erkennen wie wir sind, sondern auch die Reaktionen anderer auf uns. Bei Führungskräften sind viele dieser anderen ihre Mitarbeitenden. Deren Reaktionen taugen als Selbstreflexionsfläche allerdings nur bedingt. Aus dem bewussten oder unbewussten Wunsch heraus, dem Vorgesetzten zu gefallen, fallen die Reaktionen der Mitarbeitenden auf sein Verhalten, Handeln und seine Aussagen meistens positiver aus als eigentlich angemessen. Oder haben Sie über den Witz eines Vorgesetzten schon mal nicht gelacht?

Aufgrund dieser drei Wahrnehmungsverzerrungen gilt es, als Führungsperson sein  eigenes Selbstbild regelmässig zu hinterfragen bzw. spiegeln zu lassen, damit es sich möglichst nah an der Realität bewegt. Denn verbesserte Selbsterkenntnis fördert das Fremdverstehen – die Empathie – eine der wichtigsten Führungsfähigkeiten.

Schritte zum SelbstConflict between small masked businessman and big elegant businessman

Mit diesen drei Möglichkeiten kommen Sie sich selbst auf die Spur:

  1. Tagebuch schreiben
    Um sich über die eigenen Vorlieben und Abneigungen klarer zu werden, erweist sich ein Tagebuch für die Selbstschau als nützlich. Dokumentieren Sie möglichst nüchtern Ihr Handeln und Verhalten. Lesen Sie ab und an, was Sie die letzten Tage, Wochen notiert haben. Dies wirkt als Korrektur, wenn sich unsere Selbsterinnerungen selbständig machen bzw. unser Gedächtnis die Erinnerungen so ummalt, wie es uns gefällt. 
  2. Selbstbild- / Fremdbildabgleich, z.B. mittels 360 Grad Feedback
    Mittels eines standardisierten Fragebogens werden Persönlichkeitsattribute abgeklopft und zwar vier bis fünf Mal: Selbsteinschätzung, Vorgesetzte, Partner auf der gleichen Hierarchieebene, Mitarbeitende und eventuell Kunden. Danach erfolgt der Abgleich. Wo decken sich die Einschätzungen, wo nicht? Insbesondere die Abweichungen werden danach diskutiert, sei es mit der Person bzw. dem Personenkreis oder mit einem externen Spezialisten.
  3. Coaching
    Coaching ist der Paradeweg zur Selbsterkenntnis. Fest steht, jeder Mensch kann sich selbst nur allein erkennen, aber er kann es nicht alleine! Deshalb hilft der Coach dem Coachee durch geschickte Fragen einen Zugang zu seinen Motiven, Antrieben aber auch Ängste zu finden, aber auch seine eigenen Stärken und Schwächen besser zu erkennen. Er fungiert als eine Art Reflexionsfläche, in der der Klient ein möglichst unverfälschtes Bild seiner selbst erkennen soll.

Suchen Sie Unterstützung auf Ihrem Weg? Ich bin da für Sie!

Meine Coaching-Angebote  

 

In meinem Newsletter finden Sie regelmässig wertvolle Tipps zur Führungsarbeit. Gönnen Sie sich jetzt ein Gratis-Abo!  

   Zum Newsletter-Abo 

 

Topics: Coaching, Führung, Persönlichkeit, Leadership, Reflexion